Naturnahe Chinchillaernährung

1. Philosophie & Grundlegendes

Die naturnahe Ernährung orientiert sich an dem Speiseplan der Wildchinchillas, denn die ernährungsphysiologischen Ansprüche sind und bleiben dieselben. Der Magendarmtrakt und die ständig wachsenden Zähne werden nur durch artgerechte Nahrung optimal beansprucht. Zu dieser natürlichen Nahrung gehören Kräuter, Blüten, Gräser, Sträucher samt ihrer Blätter, Früchte und Rinde, Wurzeln, Sukkulenten samt ihrer Früchte und Samen (in sehr geringer Menge), jedoch nicht Fertigfutter bzw. stark verarbeitete Pflanzenmasse aus dem Zooladen. Je nach Saison sind die Kräuter, Blätter und Gräser wasserreich bis vertrocknet, wasserspeichernde Pflanzen (Sukkulenten) stehen das gesamte Jahr zur Verfügung. Mithilfe dieser stillen Wildchinchillas überwiegend ihren Durst.

Das Chinchiilla-Reservat
Das Chinchiilla-Reservat
Ein Wilddegu im Chinchilla-Reservat
Ein Wilddegu im Chinchilla-Reservat

Chinchillas sind Folivore, die blättrige Pflanzen bevorzugen und von diesem dann wieder die nährstoffreichen und faserärmeren Blattspitzen. Daher bleiben beim Blattgemüse wie Salat, Luzerne, Löwenzahn oder Wiesenkräutern oft der Stängel und die Mittelrippe liegen, feine Blättchen und Teile werden als Erstes verspeist und bevorzugt.
Die kleinen Nager und ihre Verdauung sind daran angepasst oft zu fressen, was jedoch ausschließlich dann realisiert werden kann, wenn das Futter nicht zu gehaltvoll ist und nicht schnell und lange satt macht. Nur so wird die Darmpassage nicht überlastet und die Zähne werden perfekt abgenutzt.

Ein Wildchinchilla
Ein Wildchinchilla

Ein Chinchilla, welches hauptsächlich vom Kraftfutter und insbesondere vom kommerziellen Kraftfutter wie Pellets und Extrudaten leben muss, verfettet zuerst und wird aufgrund der ausgelasteten und langen Verdauung träge. Später jedoch magert es ab, weil der Darm nicht mehr mitmacht: die Nährstoffe können nicht mehr richtig aufgenommen werden, die Organe werden angegriffen und die Darmflora befindet sich nicht mehr im Gleichgewicht. Es kommt im schlimmsten Fall zu Zahnerkrankungen, weil die Zähne durch mangelhaftes Kauen des „vorverdauten“ Futters und der geringeren Futteraufnahme nicht mehr gründlich abgenutzt werden. Das problematische Fertigfutter hat aber nicht selten noch viele weitere gesundheitliche Folgen wie Verdauungsstörungen durch Dysbakterie, Parasiten- und Hefenvermehrung, Leber-, Harntrakt- und Nierenerkrankungen. Diese werden zum Einen durch die synthetischen Zusatzstoffe im Fertigfutter, und zum anderen durch die so oft praktizierte ausschließliche Trockenernährung ohne die Gabe von Frischfutter, verstärkt.

Warum Frisches so wichtig ist, steht hier genau erklärt: Frischfutter für Chinchillas?

Welche Nachteile und Probleme Pellets insbesondere als Hauptfutter im Genauen mit sich bringen, wird an dieser Stelle ausgeführt: Chinchillapellets

Daraus folgt, dass Chinchillas mit Futter ernährt werden sollten, welches in größerer Menge aufgenommen werden kann, nicht schnell und lange sättigt und ausgiebig zerkleinert werden muss – all das liegt bei Fertigfutter wie gesagt nicht vor. Die Kriterien werden jedoch vom Raufutter bzw. Trockengrün, Grün- und Frischfutter erfüllt!

Da sich Wildchinchillas (s.o.) auch von diesen Pflanzen ernähren, stellt die naturnahe Fütterung die optimale Ernährungsform dar.

2. Der natürliche Speiseplan

Bei der naturnahen Ernährung unserer Heimchinchillas sollten genau die Futtermittel zur Verfügung gestellt werden, die ihre wilden Verwandten aufnehmen und die sie gesund halten.
Hier erst einmal eine Übersicht:

Im Einzelnen setzt sich der Speiseplan aus folgenden Komponenten zusammen:

2.1. Raufutter: Heu, getrocknete Blüten, Kräuter, Blätter/Rinde/Zweige

Hochwertiges, artenreiches Heu (z.B. Schwarzwaldheu) sowie getrocknete Kräuter, Blüten und Blätter/Zweige sind der wichtigste Bestandteil der Chinchillafütterung. Diese Pflanzen sollten täglich – bestenfalls nicht nur getrocknet, sondern auch frisch! – in ausreichender Vielfalt und als artenreiche Mischung (mindestens (!) 30 verschiedene Pflanzen) zur freien Verfügung angeboten werden, damit die Tiere notwendige Nähr- und Inhaltsstoffe aufnehmen können, sowie ausreichender Zahnabrieb und Beschäftigung mit dem Futter gewährleistet bleibt.

Eine Mischung aus getrockneten Kräutern, Blüten & Blättern ist das Hauptfutter
Eine Mischung aus getrockneten Kräutern, Blüten & Blättern ist das Hauptfutter

TIPP

Einige besonders beliebte Trockenpflanzen für die tägliche Mischung sind Ackerschachtelhalm, Ampfer (Kraut, Blüte), Birke, Brennnesselkraut, Echinacea, Fichtensprossen, Gänseblümchen, Ginkgo, Hibiskus, Huflattich (Kraut, Blüte), Kaktusblüten, Kornblume, Klatschmohn, Löwenzahn (Kraut, Blüte, Wurzel), Luzerne, Mariendisteln, Ringelblumen, Rotklee, Malve (Kraut, Blüte), Mädesüßkraut, Schlüsselblume, Spitz- und Breitwegerich, Tagetesblüten, Topinamburkraut, Weidenblätter & -rinde, Wiesen-Bärenklau, Obstbaumblätter wie Apfel, Kirsche, Birne und diverse Beerenblätter wie Brombeere, Himbeere, Johannisbeere, Maulbeere, Heidelbeere, Stachelbeere

Frische Hagebutten
Frische Hagebutten

Es ist sinnvoll zum einen alle Blüten miteinander zu mischen und zum anderen die Kräuter und Blätter und diese beiden Mischungen dann in zwei getrennten Näpfen anzubieten. Auch Stiele können, ebenfalls im separaten Napf, täglich oder regelmäßig gegeben werden.

In Online-Shops wie z.B. bei Hansemanns.de bekommt man mittlerweile tolle, fertige Mischungen, auf die man zurückgreifen kann, wenn man nicht selber mischen möchte. Mehr dazu siehe unter: Futterbestell-Liste für Anfänger, Unsichere & Einsteiger

2.2. Frischfutter: Grün- und Saftfutter

Frischfutter wird in Grün- und Saftfutter unterteilt:

 

2.2.1. Grünfutter

Wie oben angesprochen stellt Grünfutter einen wertvollen Teil der Chinchillaernährung dar. Dazu zählen in erster Linie Wiesenkräuter und –gräser sowie Zweige (samt Blatt, Blüte, Knospe, Rinde). Diese Gewächse sollten den Tieren nach Möglichkeit – wie schon getrocknet – rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Kommt man an frische Zweige z.B. im Winter nicht ran, so sollten regelmäßig zumindest getrocknete Zweige angeboten werden, die man kaufen oder im Sommer als Vorrat selber trocknen kann. Aber auch im Winter findet man zumindest noch frischen Bambus, Brombeerranken sowie kahle Zweige mit Würstchen.

Grünfutter: gesund, lecker und natürlich
Grünfutter: gesund, lecker und natürlich
Frischer Obst-Gemüse-Teller
Frischer Obst-Gemüse-Teller

Neben Zweigen und Wiese können zudem Küchenkräuter (z.B. Basilikum, Thymian, Rosmarin), essbare Zimmerpflanzen (z.B. Grünlilie, Golliwoog/Kalisie oder Tradeskantie), blättriges Gemüse und Blattgemüse (z.B. Chicoree, Catalogna/ Löwenzahnsalat, Kohlrabiblätter, Möhrenkaut, Radicchio, Rucola, Endivie, Salatherzen) sowie gekauftes oder selbst angesätes Katzen-/Nagergras (Zyperngras, Weizengras, etc.) verfüttert werden. Sie können den Tieren ebenfalls frei zur Verfügung stehen und bilden gerade im Winter guten Wiesenersatz.

 

2.2.2. Saftfutter

Neben dem Grünfutter können den Chinchillas weiteres Gemüse und Früchte angeboten werden. Gut geeignet und meist beliebt sind: Apfel, Trauben, Hagebutten, Karotte. Manche mögen auch mal Blumenkohl, Brokkoli, Gurke, Tomate, Birne, Kirsche, Brombeeren, Weißdornbeeren, Topinambur. Saftfutter stellt nur eine kleine Ergänzung des oberen Speiseplans oder Leckerchen dar.

Getrocknet sollte man Gemüse und Obst nicht verfüttern.

3. Kraftfutter

Gesunde, ausgewachsene Chinchillas benötigen kein Kraftfutter (= energiespendendes Futter, Nährstoffe liegen konzentriert vor)! Nur bei Mehrbedarf d.h. bei Trächtigkeit, in der Säugezeit, bei Krankheit oder im Alter kann Kraftfutter in einer individuell angepassten Menge (z.B. 2-3x/Woche 1 TL/Tier) notwendig sein. Die Höchstmenge liegt vorübergehend bei 1TL/Tag/Tier.

Anstatt auf kommerzielles Fertigfutter wie Pellets zurückzugreifen, bietet man bei der naturnahen Ernährung eine artenreiche Mischung aus verschiedenen Sämereien an, die von Wildchinchillas in sehr geringer Menge und je nach Saison in der Natur auch verspeist werden.

Den Fokus legt man beim Mischen auf weichere Ölsamen (Sonnenblumen-, Kürbis-, Gurken-, Melonenkerne, Lein, Fenchel, Anis, Kümmel, Flosamen) sowie gut verträgliche, ebenfalls weichere Mehlsaaten wie Feingrassamen (Lieschgras, Knaulgras, Rispengras) oder Amarant. Auf Getreidekörner sollte man hingegen unbedingt verzichten.

 

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