Kräuter

Frisches Wiesenfutter
Frisches Wiesenfutter

Vielerorts im Internet, in diversen Ratgebern und sogar von Tierärzten wird unverständlicherweise von täglicher Kräuterfütterung bei Chinchillas, Kaninchen und anderen Kleinsäugern abgeraten, da diese zu viel Kalzium enthalten sollen. Tiere, die zu Urolithiasis und Nephrolithiasis (Steinbildung in ableitenden Harnwegen und Niere) neigen, sollen sogar gar keine Kräuter mehr bekommen. Des Weiteren argumentieren Kräutergegner, dass diese eine medizinische Wirkung hätten und so bei den pflanzenfressenden Tieren Schaden anrichten können oder dass sie ihre Heilwirkung bei regelmäßiger Gabe verlieren würden. Zudem müsse man die Kräuter samt ihrer unterschiedlichen Wirkung aufeinander abstimmen und keine „wilden“ Mischungen verfüttern.

So viel zu den weit verbreiteten Meinungen, aber wie sieht die Realität aus?

 

Krautige Pflanzen spielen in der Kleinsäugerernährung und v.a. bei herbivoren Tieren wie Chinchillas, welche sich in der Natur überwiegend von Grünfutter wie Kräutern, Unkräutern, Zweigen und Gräsern ernähren, eine sehr relevante Rolle. Man sollte Kräuter aufgrund falscher Informationen deswegen nicht außer Acht lassen und ihnen in der Heimtierfütterung eine ähnlich wichtige Rolle zuweisen und in den Fokus stellen wie es bei Wildchinchillas der Fall ist.

 

Kräuter beinhalten für die Gesundheit wichtige Stoffe, insbesondere die sekundären Pflanzenstoffe, aber auch Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Aus den Stoffen werden diverse homöopatische und pflanzliche Heilmittel gewonnen. Die tägliche Gabe verschiedener Pflanzen mit ihren vielen wertvollen Inhalts- und Wirkstoffen beugt Krankheiten vor und hält unsere Chinchillas fit. Sie sind als Herbivore von Natur aus daran angepasst die gesamte Pflanze samt all ihrer Stoffe optimal zu verwerten.

 

In Folgendem sollen aus dem Grunde die drei häufigsten Kräuter-Irrtümer aufgegriffen und richtig gestellt werden, damit sich unsere Kleintiere an den leckeren, gesunden und vor allem artgerechten Kräutern erfreuen können!

Behauptung I: Kräuter enthalten übermäßig viel Kalzium und können daher bei regelmäßiger und großzügiger Gabe krank machen

Vergleicht man den Kalziumgehalt in den unterschiedlichen Futtermitteln, so stellt man schnell fest, dass Kräuter nicht viel mehr Kalzium beinhalten als Heu oder Pellets.

 

Kalziumgehalt im Chinchillafutter (Circa-Werte):

  • Chinchilla-Pellets: 1,4%
  • Wiesenheu: 0,64%
  • Luzerneheu: 1,42%
  • Gras frisch: 0,11%
  • Petersilie Frisch 2,3%
  • Löwenzahn Frisch: 0,17%
  • Löwenzahn getrocknet: 0,8%
  • Brennesseln getrocknet: 1,1%
  • Möhre frisch: 0,05%
  • Möhre getrocknet: 0,25%
  • Chicoree frisch: 0,02%

Zusammenfassung:

  • in getrocknetem und frischem Grünfutter aller Art (ausgenommen Salat und frisches Gras) ist der Kalziumgehalt weitaus höher ist als in Gemüse und Obst
  • in Pellets ist der Kalziumgehalt höher als in frischen und getrockneten Wildkräutern
  • Küchenkräuter haben einen recht hohen Kalziumwert, er übersteigt die Pellets, Heu und anderes Grünfutter
  • Trockenfutter aller Art hat immer mehr Kalzium als sein frisches Pendant

Soll das also nun heißen, dass getrocknete Kräuter, Pellets, Luzerneheu und generell Küchenkräuter nicht regelmäßig gegeben werden dürfen und bei Steinpatienten ganz weggelassen werden sollten?

 

Die Antwort lautet nein.

Der tierische Organismus benötigt Kalzium und das in großer Menge. Beim Kalziummangel wird das Mineral aus den Knochen gelöst, es kommt u.a. zu Skeletterkrankungen. Aufgrund der ständig nachwachsenden Zähne ist viel Kalzium gerade für Nager und Kaninchen enorm relevant.

 

Was des Weiteren hinzu kommt: eine leichtfertig durchgeführte Kalziumreduzierung kann wiederum zur weiteren Steinbildung beitragen:

"Früher wurde empfohlen, die Kalziumzufuhr stark einzuschränken. Doch diese Empfehlung hat sich als völlig falsch erwiesen. Es ist wichtig, dass die Mahlzeiten ausreichend Milchprodukte enthalten, z.B. 100 g Hartkäse oder 200 g Weichkäse oder 3 dl Joghurt pro Tag. Auch kann man die Oxalsäurebelastung eines Spinatgerichtes reduzieren, wenn es zusammen mit Käse gegessen wird. Wenn zu wenig Kalzium im Darm vorhanden ist, wird die Oxalsäure dort nicht abgefangen, so dass sie ins Blut und in den Urin gelangt. Oxalsäure wirkt besonders stark steinbildend."
Quelle: home.datacomm.ch/mbechtel/Gesundheitstipps/nierensteine.htm

Muss nun aufgrund von Veranlagung zur Steinbildung auf Kalzium in der Chinchillaernährung geachtet werden, so empfiehlt es sich dringendst als vorbeugende Maßnahme Frischfutter zur freien Verfügung zu stellen und bestenfalls Pellets wegzulassen.

 

Frischfutter besteht aus rund 60-96% Wasser, welches das durch das Kleintier aufgenommene und nicht notwendige Kalzium ausschwemmt und es wird anschließend im Harn ausgeschieden. Hilfreich hierbei sind zudem natürliche Nieren-, Blase- und Harn-"Reiniger" wie Brennesseln. Studien (z.B. Schwabe 1995, siehe dazu auch ›Die Wasserversorgung bei nur mit Trockenfutter ernährten Chinchillas ist suboptimal‹) haben gezeigt, dass eine Kleinsäugerfütterung, die auch aus Frischfutter besteht, die Gesamtwasseraufnahme (durch das Trinken+durch die Nahrung aufgenommene Flüssigkeit) potenziert. Die fehlende Flüssigkeit bei Tieren, die fast nur mit Trockenfutter ernährt werden, kann durch das Trinken nicht kompensiert werden. Der Kalziumgehalt im Harn stark an, es kann so zur Steinbildung kommen.

 

Fazit: Der Nagerorganismus regelt die Kalziumaufnahme selbst, wenn ihm die dazu notwendigen "Mittel" zur Verfügung gestellt werden d.i. natürliche Futtermittel und gleichzeitig auch immer Frisch- und nicht nur Trockenfutter.

    

Das Hauptfutter des Chinchillas: Eine Mischung aus getrocknten Kräutern
Das Hauptfutter des Chinchillas: Eine Mischung aus getrocknten Kräutern

Behauptung II: Kräuter sollten nur bei Krankheiten eingesetzt werden, da sie eine medizinische Wirkung haben

Weshalb ein Kraut nicht gleich "Heilkraut" ist und wann jenes zu diesem wird, kann hier nachgelesen werden: Heilpflanze vs. Futterpflanze

 

Ferner hier ein sehr zutreffendes Zitat:

"Pflanzen sind unsere Urnahrung Wenn Pflanzen - z. B. Löwenzahn, Brennessel, Wegerich etc. - eine gewisse (Heil-)Wirkung auf den menschlichen Körper haben, dann bedeutet das nicht unbedingt, dass es sich um reine HEILpflanzen handeln muss, die ausschließlich zu einem besonderen HEILzweck bei bestimmten Beschwerden verzehrt werden dürfen. Pflanzen sind unsere Urnahrung und sorgen in unserem Organismus daher stets für eine gesunde Harmonie. Heilpflanzen oder Nahrungspflanzen? Wenn nun aufgrund einer ungünstigen Ernährungsweise im Körper Defizite entstehen, sich Gifte einlagern oder gar Schäden verursacht werden und der betreffende Mensch nun wieder beginnt, kraftvolle (Wild-)Pflanzen zu essen, dann wirken diese verständlicherweise, wie sie schon immer wirkten: Nährend, entgiftend, reinigend, heilend, reparierend. Da ein Mensch jedoch von all diesen Wirkungen erst dann etwas bewusst verspürt, wenn er krank ist oder sich unwohl fühlt, kam es dazu, dass viele Pflanzen HEILpflanzen genannt wurden. In Wirklichkeit aber sind diese Pflanzen unsere von der Natur vorgesehenen Lebensmittel. Das war es auch, was Hippokrates vor einiger Zeit meinte, als er den folgenden vielsagenden Satz zum Besten gab: "Lasst Nahrung eure Medizin und Medizin eure Nahrung sein"".
Quelle: www.zentrum-der-gesundheit.de/entgiften-mit-kraeutern-ia.html

Behauptung III: Kräuter sollten nur einzeln oder es soll nur eine aufeinander abgestimmte Mischung verfüttert werden aufgrund der Wechselwirkung

Zur Heilung oder als Futter angewandte Kräuterprodukte haben untereinander keine negative Wechselwirkung. Fakt ist lediglich, dass die gleichzeitige Gabe pflanzlicher und chemischer Medikamente unerwünschte Nebenwirkungen haben kann wie z.B. die Abschwächung oder Aufhebung der Wirkung des schulmedizinischen Medikamentes. Daher sollte man sich unbedingt Rat bei seinem Tierarzt einholen, bevor man auch Heilpflanzenarzneimittel an seinem kranken Tier, welches schon herkömmliche Medizin einnehmen muss, anwendet.

Und: viele Pflanzen wirken gleichzeitig bei scheinbar entgegensätzlichen Beschwerden, so z.B. Leinsamen, die bei Verstopfung und Durchfall verwendet werden können.
Die Wirkung der Leinsamen oder auch der Flosamen liegt darin, dass sie im Darm aufquellen , damit die Darmwand dehnen und dadurch die Darmbewegung anregen. Sie gelten als natürliches abführendes Mittel. Die Schleimstoffe bilden eine Geleitschicht und helfen beim Abtransport. Gleichzeitig binden Leinsamen Wasser, was bei Durchfall sinnvoll ist (die Darmpassage wird verlangsamt).