Chronische Mittelohrentzündung (Otitis Interna Chronica)

Ich war mit meinem Chinchilla Yaris, 19 Jahre, im Laufe von 2021 mehrfach bei meiner damaligen Tierärztin, weil ich Verdacht auf retrogrades Zahnwachstum hatte. Das rechte Auge, später auch das linke haben getränt, sie hat zeitweise sehr viel geniest. Fressverhalten und Gewicht waren aber unverändert. Meine damals zwei Chinchillas sind geröntgt worden (einfaches Röntgen, seitlich) - alles unauffällig.
Von Zeit zu Zeit hat Yaris das Ohr angelegt, sich daran gekratzt. Immer nur tageweise, dann war es wieder weg.

 

Als im November mein zweites Chinchilla verstorben ist und ich zur Vergesellschaftung eine neue, ältere Dame Zuhause hatte, die eindeutige Anzeichen von retrogradem Zahnwachstum aufwies, bin ich nach falscher Diagnose meiner früheren Tierärztin schließlich zu Frau Dr. Theermann gefahren. Das Chinchilla wurde auf Grund des massiven Befunds sofort erlöst.

Mit Yaris bin ich einige Wochen später dann für eine Zweitmeinung ebenfalls zu Frau Dr. Theermann gefahren, weil die Symptome sich verschlechtert hatten und sie zudem kurzfristig Kolikerscheinungen und Probleme beim Harnabsatz hatte. Letzteres hat sich beim Tierarzt dann nicht bestätigt. Die Zähne waren außerdem fast völlig in Ordnung. 

Auf dem Röntgen hat sich aber eine deutliche Verschattung des Innenohrs abgezeichnet mit massiver Wandverdickung, insbesondere rechts. Diagnose: Chronische Innen/-Mittelohrentzündung. Laut Dr. Theermann wohl relativ selten bei Chinchillas, eher ein Kaninchenthema:

Dorsoventraler Stahlengang: Bullae beidseitig verschattet und deutliche Wandverdickung, besonders rechts
Dorsoventraler Stahlengang: Bullae beidseitig verschattet und deutliche Wandverdickung, besonders rechts

Es gäbe die Möglichkeit, im Rahmen einer OP das Innenohr zu eröffnen und mit knochengängigem Antibiotikum zu arbeiten, sie würde davon aber auf Grund des extrem hohen Risikos abraten. 

Wir haben daraufhin beschlossen, es so lange wie möglich mit Metacam zu versuchen. Sie sollte bei jedem Schub 10 Tage Metacam erhalten. 

4 Wochen später kam der erste weitere Schub. Deutliches Anlegen der Ohren, verstärktes Kratzen (Ohrmuschel wund gekratzt, fast alle Farbpigmente verloren, sehr trocken), deutlich verschlechtertes Allgemeinbefinden. Mit Metacam wurde es umgehend besser. Nach Absetzen blieb der gute Zustand einige Tage erhalten, kam dann aber relativ schnell zurück. Nach einigen Versuchen, Metacam nur zeitweise zu geben wurde relativ schnell klar, dass sie es täglich braucht. 0,6 ml auf 600g Chinchilla, leider nicht runterdosierbar.  Einige Monate ging es gut, aber die Wirksamkeit war deutlich stressabhängig (massive Verschlechterung des Zustands z.B. bei Vergesellschaftungsversuchen). Im September dann trotz Metacam wieder starke Symptome: Ohren kratzen, Ohren anlegen, Kopf schüttel und schief halten, stark verschlechtertes Allgemeinbefinden. Kein Durchschlafen mehr, sehr unruhig, Gewichtsverlust (zuletzt 530g). Zurück zum Tierarzt - starke Verklebungen mit Ohrenschmalz, Pfropfen auf dem Trommelfell, daher keine Sicht auf Mittelohr möglich. 10 Tage antibiotische Ohrentropfen, um die Ohren frei zu bekommen, ohne Erfolg. Danach Einleitung von AB Therapie mit Orniflox.

Insgesamt hat sie über 4 Wochen AB erhalten, glücklicherweise bis kurz vor Schluss fast ohne Nebenwirkungen. Beim letzten Kontrolltermin: Sicht auf Mittelohr frei, keine Krankheitszeichen. Rechtes Ohr wirkt bei Adspektion fast wie "ohne Befund". 

Meinem Chinchilla geht es seitdem tausend Mal besser, sie ist kaum wiederzuerkennen. Sie ist so fit wie seit Jahren nicht mehr, wahnsinnig neugierig und erfinderisch. Im Laufe des Jahres war der Eindruck entstanden, sie wäre vllt. auch auf Grund ihres Alters insgesamt etwas ruhiger geworden - stimmte nicht, das Verhalten war zu 100% krankheitsbedingt. 

Metacam erhält sie weiterhin, weil der Schaden am Innenohr irreversibel ist. Ein Versuch, die geringste wirksame Dosis auszutesten steht noch aus. Die Problematik kann jederzeit zurückkehren, im Moment sieht es aber sehr gut aus.

 

 

Ich hoffe, unsere Erfahrung hilft anderen Haltern weiter. Die Symptome bei allen Typen von Ohrentzündungen sind recht ähnlich. Bei der Innenohrentzündung ist es nur eben möglich, dass beim Blick ins Ohr alles erstmal okay aussieht und erst das Röntgenbild Klarheit verschafft. Deswegen ist auch hier das Röntgen von dorsal so wichtig, was bei vielen Tierärzten einfach nicht Standard ist.

Viele liebe Grüße und danke für die tolle Aufklärungsarbeit! Eure Webseite hat mir schon oft sehr weitergeholfen.

(c)Autor/ Erfahrungsbericht:  Sarah H., 2022